Ein Visionär in Zeiten von Corona

Kaum eine Branche leidet in der Corona-Krise so sehr wie die Veranstaltungsbranche.

Messen und Konzerte sind abgesagt oder verschoben. Dirk Hildebrandt ist Geschäftsführer der GO4IT! GmbH in Hagen. Sein Unternehmen arbeitet als Veranstaltungsdienstleister im technischen Bereich und organisiert normalerweise große Events. Bei ihm steht nicht alles still. Warum das so ist, hat Mr. Mittelstand in einem exklusiven Interview erfahren. In deinen Jahren in dieser Branche hast du schon viel erlebt. Welches Event wirst du niemals vergessen? Es war im Sommer 2006. Ich führte eine Live-Übertragung des Fußball-WM-Eröffnungsspiels im Auftrag örtlicher Gastronomen durch. Also ein klassisches Public-Viewing. Die LED-Wand war 8m breit und 5m hoch, im Raum saßen ca. 800 Fans in grünen Trikots und genau in dem Augenblick, in dem die deutsche Nationalmannschaft einlief, hatten wir plötzlich Bildstörungen. Was genau war passiert? Wir hatten uns von den Gastronomen zu der Überzeugung hinreißen lassen, dass alles eigentlich zu teuer ist. Das hat dazu geführt, dass wir auf ein einfacheres Konzept gesetzt haben. Und dann flackerte plötzlich das Bild und war teilweise ganz weg.

Wie haben die Fans reagiert?

Bis zu dem Augenblick, als das Bild ausfiel, war es eigentlich kein emotionales Spiel. Das änderte sich dann schlagartig. Die 800 bis 1000 Zuschauer realisierten plötzlich, dass sie dieses Spiel möglicherweise nicht live miterleben können. Und ich war der Schuldige und musste der Menge versichern, dass alles in Ordnung kommt (lacht). Glaub mir, in diese Lage willst du niemals kommen.

Wie ist die Situation ausgegangen?

Die Übertragungsstörung haben wir sehr schnell in den Griff bekommen. Also nur ein winziger Bruchteil des Spiels war nicht zu sehen. Für mich war es aber eine Ewigkeit. Das war aber dann auch der Moment, als ich für mich einen Entschluss fasste: Wenn ich hochwertig abliefern muss, oder viel besser, auch hochwertig abliefern möchte, dann darf das Budget des Kunden mich nicht limitieren in der Ausführung des Auftrags.

Wie ist das umsetzbar? Jeder Auftrag ist doch durch ein Budget begrenzt?

Man muss auch einfach einmal Nein sagen. Das habe ich daraus gelernt. Ich kann mir meine Kunden einfach aussuchen. Wenn ich meine eigenen Qualitätsmaßstäbe mit einem Kunden nicht abbilden kann, dann kommt auch keine Zusammenarbeit zustande. Man kann nicht auf jeden fahrenden Zug aufspringen und immer versuchen alles machen zu wollen.

Die GO4IT! GmbH ist heute bundesweit in Fachkreisen bekannt. Gehen wir einmal kurz in deine Vergangenheit. Wie kamst du dazu als Unternehmer zu starten?

Nach meiner Ausbildung wurde mir schnell klar, das mir bei meinem damaligen Arbeitgeber der Horizont zu klein wurde. Ich konnte die eigenen Ideen nicht mehr verwirklichen. Das war dann der Auslöser in die Selbstständigkeit zu starten. Als ich die Halskrause des Angestellten abgelegt habe, konnte ich dann sehr erfolgreich Mitarbeiter und ein Team aufbauen um die eigenen Ideen und Visionen voranzutreiben.
Mein Leitgedanke ist schon immer: Wie kann man es noch besser für den Kunden machen? Welche Konzepte sind wirklich tragbar?

Du sprichst von deinem Team, mit dem du gemeinsam deine Ideen verwirklichst. Du hast aktuell neun Mitarbeiter in deinem Unternehmen?

Ich kann jetzt eigentlich schon verkündigen: Ich habe neuerdings zehn Mitarbeiter. Mitten in der Krise konnte ich noch jemanden dazu gewinnen.

Und zeitgleich seid ihr auch auf der Suche? Auf der Homepage sind Stellen ausgeschrieben. Wie kommt es dazu, dass ihr in der Krise noch Mitarbeiter benötigt, während viele anderen Unternehmen eher alles runter fahren?

Also, die Krise trifft uns natürlich auch. Das muss man einfach einmal klar sagen. Nach meiner Meinung aber ist die Bezeichnung, oder der Blick, „wir sind in einer Krise“, eine Momentaufnahme. Für uns ist noch nicht wirklich klar, „wann“ es weiter geht. Ich stelle mir aber zu keinem Zeitpunkt die Frage, „ob“ es weiter geht.

Was bedeutet das für dich als Veranstaltungsdienstleister?

Es gibt genau zwei Wege, die man beide gehen muss. Der eine Weg ist es, kreative Ansätze und Ideen zu finden, die man jetzt sofort umsetzen kann.
Der zweite Schritt ist es, sich auf die Zeit nach der Krise vorzubereiten. Und dazu gehört auch, nach Mitarbeitern zu suchen.
Suchen heißt nicht, heute einzustellen. Suchen heißt, die richtigen Leute zu finden und sich darauf vorzubereiten, direkt am Start sein zu können wenn es weiter geht.

In diesen Corona-Zeiten ruhen alle Veranstaltungen? Was macht ihr denn eigentlich, wenn euch jede Grundlage zum Arbeiten fehlt?

Das stimmt nur teilweise. Ich würde nicht sagen, alles steht still, sondern: Alles ist verschoben worden. Alles was wir für die Gegenwart geplant haben findet nicht so statt.

Was genau machst du dann jetzt?

Ich bin sehr umtriebig und tätig. Ständig spreche ich mit Kunden und finde Leute und Konzepte um digitale Veranstaltungen zu organisieren. Dabei geht es aber nicht nur darum Informationen zu übermitteln, sondern vor allem darum die Emotionen, die ein Live-Event einfach beinhaltet, auch digital zu übertragen. Natürlich arbeiten wir auch an unseren internen Prozessen. Mehr als es vielleicht sonst der Fall wäre. Wir haben Marketingstrategien, neue Veranstaltungskonzepte für kleinere Veranstaltungen und unsere Büro-Organisation neu entwickelt. Sobald es wieder losgeht können wir auf den Knopf drücken und können wieder Attacke gehen.

Auch der Staat hilft Unternehmen in dieser Krise mit z.B. dem Kurzarbeitergeld. Nutzt du das für dein Unternehmen?

Bei uns ist es in der Tat so, dass wir das ganz traditionell geregelt haben. Am 13. Februar habe ich die letzte Veranstaltungsabsage erhalten. Also zu einem Zeitpunkt, an dem ganz Deutschland noch darüber diskutiert hat, was da auf uns zukommt, habe ich schon den Deckel zugemacht und gesagt: Alles klar, bis Juni werden wir keine Veranstaltungen mehr haben.
Dann stellte sich die Frage nach den Möglichkeiten. Ich habe keine Veranstaltungen, heißt ich habe kein Einkommen. Das bedeutet ich habe keine Arbeit, bedeutet eigentlich auch ich schicke alle in Kurzarbeit. Jetzt ist es so, dass wir viel Arbeit vor der Krise hatten und auch die Kriegskasse gut füllen konnten. So habe ich dann Anfang März die Entscheidung getroffen: Hier geht keiner in Kurzarbeit.
Wir wickeln alle Veranstaltungen die storniert werden rückwärts ab. Wir gehen in den Dialog mit den Kunden und versuchen alles was nur möglich ist zu verschieben. Ich habe einfach keine Veranstaltungsabsage akzeptiert, sondern immer einfach gefragt: Gut, aufgrund der aktuellen Situation ist es nicht möglich, wann machen wir es denn dann?
Lass mich zusammenfassen. Im Grunde ist es ganz simpel: Um ganz nah am Kunden zu bleiben und immer im Dialog zu sein, brauch ich meine Leute vor Ort mit vollem Einsatz. Die andere Seite: Solange ich das irgendwie finanzieren kann und mein Team jeden Tag die 150% gibt und wirklich alles versucht mit mir zusammen neue Wege zu gehen, wäre es nicht fair, die Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken.
Und dieser Einsatz zahlt sich wirklich aus. Wir schreiben mitten im zweiten Monat der Krise ein schwarze Null. Ich bin davon überzeugt, dass wir durch dieses Mind-Set unglaublich viel besser aufgestellt sind als der Rest der Branche.

Was genau meinst du mit dem Mind-Set?

Naja, es geht zuallererst um die innere Haltung. Meine Mitarbeiter, und die, die mich besser kennen, wissen von mir: Ich kann negative Dinge die mir gesagt werden nicht einfach akzeptieren. Ich akzeptiere natürlich die aktuelle Situation mit dem Corona-Virus und finde natürlich auch alle Maßnahmen, die zur Eindämmung der Ausbreitung ergriffen werden, sinnvoll. Aber ich akzeptiere nicht die Aussage von dem Mitarbeiter oder Kunden oder selbst von der Branche, die einfach stumpf sagen: Dann haben wir jetzt halt ein Berufsverbot. Das ist einfach nicht richtig. Ich habe jeden Mitarbeiter freigestellt. Also, wer Überstunden hat, kann Überstunden abfeiern oder sich auch Urlaub nehmen. Ganz klar habe ich den Mitarbeitern gesagt: Wenn ihr wisst, was ihr heute erreichen könnt, wenn ihr eine Idee und ein Ziel für den heutigen Tag habt, dann kommt her in die Firma und setzt das um. Und wenn ihr unsicher wegen der Situation oder schlecht gelaunt seid, dann bleibt Zuhause.
Wenn man so ein Team geformt hat und so ein Team unterstützt und diesen Spirit auch übertragen bekommt, dann ist es nicht so das wir ein Berufsverbot haben. Sondern es ist eher so, das wir uns Konzepte überlegen müssen, die ich und meine Kollegen an den Kunden verkaufen können. Und wenn wir das nicht schaffen, dann ist es unser Problem. Wenn es der Rest der Branche nicht auf die Kette bekommt, dann ist es das Problem der Branche!

Welche Projekte habt ihr aktuell am Laufen?

Wir geben gerade ganz viel Energie da rein, in der Sichtbarkeit zu bleiben. Viele Veranstaltungstechniker und -dienstleister fahren jetzt alles runter. Sie verschwinden von der Bildfläche. Wir drehen den Spieß um und versuchen wirklich jeden Tag präsent zu sein. Wir erzählen was hinter den Kulissen passiert und versuchen vor allem auch die persönliche Bindung zu den Menschen zu halten und neue Dinge auszuprobieren.
Es gibt viele die auf den Streaming-Zug aufgesprungen sind. Das sieht aber meistens so aus: Ein Handy wird in die Luft gehalten und dann wird losgelegt. Wir bauen um das Thema Streaming neue Wege auf. Dazu haben wir eine Veranstaltung ins Leben gerufen, die nennt sich „May1st Music“.
Da es in diesem Jahr keine „Tanz in den Mai“ Veranstaltungen geben wird, machen wir diese Veranstaltung eben digital. Die findet am 01. Mai 2020 statt. Direkt hier bei uns am Standort haben wir Künstler eingeladen, die live performen und direkt ins Netz streamen. Das Ziel ist es aber nicht nur, einfach einen Stream zu machen, sondern vor allem auch Emotionen zu übertragen. Musik, also einen Ton perfekt abzubilden ist kein großes Kunststück. Wir wollen aber mit ordentlichen Kameraeinstellungen und einer extrem coolen Kulisse dieselben Emotionen übertragen, die man auch in einer Live-Veranstaltung hat. Das besondere: Wir sind die ganze Zeit direkt mit den Gästen verbunden, antworten sofort auf Kommentare und interagieren 1zu1. Sowas ist in einer riesigen Live-Veranstaltung gar nicht möglich. Jetzt können die Künstler aber direkt auf die Gäste eingehen.

Ihr promotet die May1st Music vor allem über Social-Media. Wie wichtig ist Social-Media für dein Unternehmen?

Alleine durch Social-Media ist so ein Event, wie das geplante, überhaupt erst möglich geworden. Wir sind eigentlich „nur“ ein Veranstaltungsdienstleister. Mit Social-Media haben wir es aber geschafft, dass uns die Stadt und die Community ganz neu wahrnimmt. Lokalradio, Bürgermeister und Zeitungen sprechen über uns und das Event. Das war vorher nicht vorstellbar und ist nur das Ergebnis guter Social-Media Arbeit.

Wie sieht für dich die Zukunft aus?

Ich glaube, dass die, die am schnellsten umdenken und neue Wege finden, etablierte Live-Konzepte in irgendeiner Form auf die digitale Ebene zu bringen und das auf einem extrem hohen Niveau, in der Zukunft vorankommen werden. Das ist aber ein Prozess, der entwickelt werden muss.

Zum Schluss vielleicht noch zwei persönliche Fragen: Welche Prominente hast du schon auf der Bühne gehabt?

Sehr viele. Ich würde sagen, dass so ziemlich alles dabei war. Auf einem großen Symposium war Bill Clinton bei uns, Bill Gates, Mandela und andere große Preisträger.
Ich habe auch auch witzige Geschichten erlebt mit vielen Schlagersternchen. Das was man mit der Zeit einfach mitbekommt ist: Es sind viele große Namen, aber es sind alles einfache Menschen wie du und ich. Die meisten Prominenten wollen auch genauso behandelt werden. Ich habe sehr bekannte Künstler getroffen, mit denen ich niemals freiwillig Abends ein Bier trinken würde und auf der anderen Seite ist es mir schon passiert, dass ich an einem Morgen mit Christina Stürmer joggen gegangen bin. Das sind dann so die kleinen Highlights. Es zeigt mir im Grunde nichts anderes, als das sie auch einfach Menschen sind mit ihren Stärken und Schwächen.

Gibt es ein Traumevent das du gerne einmal durchführen würdest?

Ich bin generell Visionär und stecke mir hohe Ziele. Natürlich ist es aber auch so, dass die Gegenwart mich dazu bringt immer wieder die Ziele zu korrigieren und neue Ziele zu setzen. Mein festes Ziel ist es, in meinem speziellen Markt alle relevanten Themen abzubilden. Ich stelle mir Ziele immer wie Meilensteine vor. Wenn ich von mir sage: Ich bin DER technische Dienstleister für Speaker und Bildungsveranstaltungen, dann wäre es ein Meilenstein einmal Tony Robbins* auf der Bühne zu haben.

Vielen Dank für das Interview und bleib gesund.

* Anthony „Tony“ Robbins, geboren am 29. Februar 1960 in Azusa ist ein amerikanischer Bestsellerautor und NLP-Trainer. Er ist international als Ausbilder von Coaches bekannt und wurde u.a. als fünftbester Speaker der Welt geehrt.

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